Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Elsen

„Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht aus ein Gott, der ferne ist?“ (Jes 23, 23, Monatsspruch September)

Nähe und Ferne – physikalische Gegensätze. Aber gar nicht mehr so gegensätzlich, wenn ich den Bereich der Physik verlasse. Wenn ich zum Beispiel einen Brief an einen lieben Freund schreibe, dann fühle ich mich ihm nahe. Das Herz, die innere Zusammengehörigkeit, überbrückt die Entfernung. „Herz und Herz vereint zusammen“ titelt Bodelschwingh. Wenn Gott hier zu Jeremia über Nähe und Ferne spricht, dann spricht er auch über mehr als die bloße Physik. Er meint die Zusammengehörigkeit von Gott und mir – den Glauben, der sogar noch über eine solche Brieffreundschaft hinausgeht.
Denn der Glaube an den christlichen Gott hat eben genau das zum Inhalt: Ein für uns unvorstellbar mächtiges Wesen erschafft in seiner unvorstellbaren Macht einen Kosmos, ein Universum, ein riesiges und unglaublich komplexes All. Und dann ist es der größte Wunsch dieses Schöpfers, gerade mir einzelnem kleinen Menschen nahezukommen - mir kleinem Teil, der selbst keinen Überblick über das Ganze hat. Der selbst – wenn es hochkommt – gerade einmal ein ganz kleines bisschen davon versteht, was im Leben vor sich geht. Der so oft an den Regeln des Gedeihlichen und der Liebe scheitert.
Hier sind die Ferne und die Nähe zusammen wie sie sonst nicht zusammen sein können! Gott überbrückt das, was einem Menschen unmöglich erscheint. Es ist das Paradoxon im Kreuz, in Weihnachten, in den apokalyptischen Vorstellung von den letzten Tagen dieser Erde: Gott steht durch seine schiere Größe über allen Dingen, will aber selbst vom kleinsten Geschehen unter uns Menschen nicht unberührt bleiben. Ich bin ihm wichtig. Du bist ihm wichtig. Er nimmt Kontakt auf, ist sogar immer wieder auf seine Weise bei und unter uns. Vielmehr also noch, als die Brieffreunde über Entfernung verbunden sind, steigt er in Christus und Geist herab. Gott überbrückt die Entfernung im wahrsten Sinne - so wahr, wie nur er es möglich machen kann. Der Überweltliche macht sich klein, damit ich seine liebevolle Umarmung spüren und zumindest ansatzweise begreifen kann.
Der christliche Glaube ist das Annehmen dieses Geschehens, das Genießen, dass die Ewigkeit selbst bis in mein ihr unwürdiges Herz hineinscheint. Das klingt nicht nur riesig, das ist ein enormes Geschehen. Verstehen kann ich es nicht. Und das macht ja auch den Glauben manchmal so schwierig.

Es ändert jedoch nichts daran, dass Gott da ist, und dass er die Nähe sucht. In jedem Moment. Auch jetzt gerade eben. Machet die Tore weit, dass der König der Ehren einziehe! Halleluja

Herzliche Grüße!
Ihr Pfarrer Felix Klemme