Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Elsen
„Oh Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom Himmel lauf!“
(Evangelisches Gesangbuch Lied Nummer 7, 1. Strophe)
Im Advent wird die doppelte Blickrichtung des christlichen Glaubens besonders sichtbar, anfassbar. Wenn ich durch die Wohnung blicke, sehe ich sanfte Lichter und Schmuck, rieche ich die Düfte, die mich bereits seit Jahren zu dieser Zeit mit der Botschaft von Frieden und Liebe in Berührung bringen. Und dann werde ich auf der anderen Seite immer wieder mit den Nachrichten von Menschen in absoluter Geldnot konfrontiert. Mit den Heizkosten, der Inflation, dem immer noch anhaltenden Krieg und den wieder gestiegenen Fallzahlen der Covid-Pandemie. Mit den harten und ungerechten Seiten des Lebens.
Friedrich Spee ruft in seinem Lied ganz ungeduldig, beinahe flehend: „Los, komm, Jesus! Reiß alles auseinander, was diese Welt zusammenhält, damit deine Kraft ungebremst in unsere Leben fließen kann! “ Und
damit trifft er mich genau ins Herz. Die Kraft Gottes soll am besten jetzt sofort mit Macht allem Üblen in der Welt ein Ende bereiten, soll stürmen, grell leuchten, über uns hinwegfegen und alles, was in dieser Welt falsch läuft, mitreißen!
In der Bibel ist oft von seinem starken Arm die Rede. Los, benutze ihn und sprenge alles auseinander, was uns vom Frieden fernhält! Doch ist das eben nicht das Vorgehen Gottes, das in Advent und Weihnachten
deutlich wird. Das ist nicht, wie Gott den Frieden in die Welt trägt. Er geht den Weg des Kleinen. Ganz im Anfang schon den Weg des Sanften und des von Beginn an Zarten. Als kleines Baby einer unbedeutenden
Familie kommt seine Kraft in die Welt, sein alles veränderndes Wort. Selbst schwach und unbemerkt, beginnt ein Leben, das so viele andere Leben verändern wird. Indem es in den Menschen die Sehnsucht stärkt nach Mitgefühl, Zusammensein und Hoffnung und ihnen zeigt: Gott ist kein Machtmittel, das noch mehr Gewalt in die Welt bringt, um Gewalt zu bekämpfen. Gott ist Zärtlichkeit, die Zärtlichkeit bewirkt. So sind sanftes Licht und schöne Gerüche auch genau das Richtige für Advent und Weihnachten. Nicht trotz, sondern gerade wegen der vielen harten Momente des Lebens.
Herzliche Grüße!
Ihr Pfarrer
Felix Klemme